Pfrde Träume - Der anfang

Es begann alles mit diesem kleinen Wanderzirkus.

 

Ich weiß nicht mehr, wann es angefangen hat. Ich weiß nur, dass auch meiner Mutter irgendwann einmal, ich war wohl in der 4.Klasse, aufgefallen war, dass mich der kleine Wanderzirkus mehr anzog, als die Schule. Morgens musste ich plötzlich immer den anderen Weg gehen, den langen Weg, hinten herum, zufällig an der Wiese vorbei, an der der Zirkus seine Zelter aufgestellt hatte. Morgens kam ich zu spät zur Schule, und mittags kam ich zu spät nach Hause. Hinter dem Zirkuszelt gab es ein kleines rechteckiges Zelt, nicht so bunt, mit Stroh am Boden .Hier wohnten die Ponys. Die waren bunt. Da gab es einen kleinen Schecken. Weiß, mit grauen Punkten drauf. Er hieß Whisky.

Ich stellte mich immer nur in die Nähe des Ponyzeltes, und konnte einfach nicht verstehen, dass es Kinder gab, die so unglaublich viel Glück hatten, mit diesen kleinen, bunten Kerlen zusammen leben zu dürfen.

 

Ich stand immer weit genug weg, um nicht Gefahr zu laufen, angesprochen zu werden, gefragt zu werden, was ich hier wolle. Denn das hätte ich nicht beantworten können. Natürlich gab es immer Mädchen, die sich den ganzen Tag dort aufhielten und sogar helfen durften, aber die verstanden ja was von Pferden. Die wussten, wie die verschiedenen Halfter und Zaumzeuge hießen. Sie kannten die Namen der unterschiedlichen Flecken auf dem Pferd und lauter solche Dinge. Ich dagegen hatte keine Ahnung von solchen Dingen, und fiel deshalb immer schon bei den ersten Tests, denen Neuankömmlinge von den anderen Kindern unterzogen wurden, durch. Ich hätte also nicht sagen können, was ich hier suchte, denn, bei der Versorgung der Pferde zu helfen, traute ich mir nicht zu, und reiten konnte ich auch nicht.

Eigentlich wollte ich nur bei den Ponys sein. Am liebsten alleine. Dann würde ich schon sehen, was dabei raus kam. Ich wollte sie doch gar nicht unbedingt reiten. Ich wollte sie auch nicht in ihren Anbindeständern putzen. Nein. Eigentlich wollte ich sie befreien.

 

Ich malte mir aus, wie ich sie in der Nacht losbinden würde und wie wir dann zusammen in den Wald verschwinden würden. Niemand wüsste, wo wir sind. Natürlich würden sie uns suchen, aber sie würden uns niemals finden. Wir würden uns was zu essen suchen und an kleinen, wilden Bächen unseren Durst stillen. Nachts würden wir uns aneinander wärmen, denn ich wäre jetzt einer von ihnen. Und wir bräuchten keine Halfter und Stricke, keine Zaumzeuge und keine Sättel.

 

Uns würde nicht interessieren, wie die Menschen die weißen Flecken auf der Nase nannten .Und wir könnten lernen, uns zu verstehen. Whisky und ich haben uns niemals auf den Weg gemacht. Und eines Tages war er nicht mehr dabei, als der kleine Zirkus seine Zelte bei uns aufstellte. War wohl verkauft worden.

 

Später dann schenkte mir meine Mutter eine Zehnerkarte Reitstunden in dem nahe gelegenen Reitstall. Ich lernte eifrig alles über Blässen, Sterne, Zaumzeuge, konnte mir nichts davon merken und dachte dennoch, auf dem richtigen Weg zum Pferd zu sein. Alles, an was ich mich von dieser Zeit erinnern kann, ist ein wunder Po, Muskelkater, Angst vor dem Reitlehrer und den anderen Kinder, die soo viel über Pferde wussten und auch, das ich nie richtig reiten gelernt habe. Ich kann mich an den Namen keines einzigen Pferdes mehr erinnern und auch nicht daran, dass ich irgendwie besonders glücklich war.

 

Whisky habe ich natürlich nie wieder gesehen. Aber sicher hat er seinen Anteil daran, dass sich mein Stall jetzt mehr und mehr mit kleinen gefleckten Kerlen füllt.